Zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Sichere Häfen“ und der Aufnahme von unbegleiteten Flüchtlingen
Der Rat der Stadt Soest möge beschließen, die Stadt Soest schließt sich dem Bündnis „Sichere Häfen“ an. Die Stadt Soest erklärt sich bereit, die schnelle und unkomplizierte Aufnahme und Unterbringung von aus Seenot gerette-ten Menschen zusätzlich zur Verteilungsquote von Schutzsuchenden sicherzustellen und für ein langfristiges Ankommen zu sorgen, indem alle
notwendigen Ressourcen für eine menschenwürdige Versorgung, insbeson-dere in den Bereichen Wohnen, medizinische Versorgung und Bildung, zur Verfügung gestellt werden.
Es ist gut, dass sich Union und SPD nach massivem Druck von Kommunen, der Kirchen und der Zivilgesellschaft jetzt nicht länger hinter einer sogenannten ‚europäischen Lösung‘ verstecken. Dass nach monatelangem Geschacher aber lediglich die Aufnahme von 50 schutzbedürftigen Kindern in Aussicht gestellt wird, ist ein Armutszeugnis und beschämend. Angesichts der katastrophalen Situation in den griechischen Flüchtlingslagern, die sich gerade in der Corona-Krise noch einmal verschärft, ist dies noch nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein.
Alleine in NRW haben sich nun im März 2020 über 20 Kommunen – wie Köln, Bielefeld und Dinslaken sich bereit erklärt, zusätzliche Geflüchtete bei sich aufzunehmen. Sie wollen bei dieser humanitären Katastrophe mitten in Europa nicht länger zuschauen und haben freie Kapazitäten für nahezu Tausend Menschen angeboten.
Auch in Soest hat die GRÜNE Ratsfraktion im Dezember 2019 einen Antrag eingebracht in der sich der Rat der Stadt bereit erklärt sollte, unbegleitete Kinder und Jugendliche in Soest aufzunehmen. Ausdrücklich wurde festgestellt, dass die Aufnahmekapazitäten nach wie vor vorhanden sind.
Nun im Zeichen der Coronakrise wird die Situation in Griechenland noch verzweifelter und die Möglichkeiten sich dieser Pandemie gerade im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos zu entziehen sind äußerst gering. Für 3000 Flüchtlinge ausgelegt leben dort nun 20.000 Menschen.
Ratsprotokoll vom Dezember 2019
TOP (18) Beitritt der Stadt Soest zu dem Bündnis „Sichere Häfen“ Ratssitzung vom Dezember 2019
Frau Maybaum appelliert an die Menschlichkeit und Solidarität der Anwesenden. Sie erklärt, dass Soest in der Lage wäre, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Auch Frau Wulf bekräftigt, dass Soest entsprechende Ressourcen habe und die Aufnahme weiterer Flüchtlinge in der sozialen Verantwortung eines Jeden liege.
Herr Esser skizziert die Beratungen im ABS und erläutert den Inhalt des Beschlussvorschlages der Verwaltung. Herr Meiberg ist der Ansicht, dass eine Entscheidung in dieser Thematik nicht in der Zuständigkeit der Stadt Soest liege. Die Entscheidung über die Aufnahme von Flüchtlingen sei Aufgabe anderer staatlicher Ebenen.
Da es Unstimmigkeiten gibt, über was der Rat konkret abzustimmen habe, erläutert Herr
Esser dies erneut:
1. Beschluss über den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (so auch im ABS beraten) und 2. Beschluss über den Vorschlag der Verwaltung (Kompromissvorschlag).
1. Beschluss:
Der Rat der Stadt Soest lehnt den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen mit 25 Nein-Stimmen bei 22 Ja-Stimmen ab.
Nach diesem Beschluss wird die Sitzung auf Antrag der CDU-Fraktion für 10 Minuten unterbrochen. Um 22:00 Uhr wird mit der Sitzung fortgefahren.
2. Beschluss:
Der Rat der Stadt Soest nimmt den Vorschlag der Verwaltung mit 24 Ja-Stimmen bei 23 Nein-Stimmen an.
Der Beschluss des ABS am 4.11.2019 zum Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen „Sichere Häfen“ lautet:
„ Die Stadt Soest erklärt sich zum Sicheren Hafen und tritt der Potsdamer Erklärung im Bündnis „ Städte Sicherer Häfen“ bei.“
Das Ergebnis der Abstimmung: 6 Stimmen für den Antrag, bei 7 Enthaltungen
Hier die Begründung des im Rat angenommenen Verwaltungsvorschlages:
Aufgrund fehlenden Informationen und (noch) nicht bestehenden Strukturen und Regelungen zum Aufnahmeverfahren, kann einer Beteiligung der Stadt Soest an der Aufnahme von aus Seenot geretteten Menschen zusätzlich zum bestehenden Zuweisungssystem nicht empfohlen werden. Viele Faktoren und Rahmenbedingungen können zum derzeitigen Zeitpunkt nicht abgeschätzt und mit Blick auf Folgewirkungen und -kosten nicht bewertet werden.
Darüber hinaus sieht die Verwaltung die Möglichkeit, sich zum „Sicheren Hafen“ zu erklären und sich damit öffentlich solidarisch mit Menschen auf der Flucht zu erklären, sich für sichere Fluchtwege einzusetzen und die Seenotrettung zu unterstützen.
Zu folgenden Forderungen kann sich die Stadt aus Sicht der Verwaltung ohne unabsehbare Folgewirkungen und -kosten erklären: Die Stadt Soest…
> erklärt sich mit Menschen auf der Flucht, der Seenotrettung und den Zielen der SEEBRÜCKE solidarisch.
> setzt sich für sichere Fluchtwege ein, damit Menschen nicht mehr auf lebensgefährlichen Routen fliehen müssen.
> Positioniert sich öffentlich gegen die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung auf dem Mittelmeer.
> setzt sich darüber hinaus aktiv für staatliche Seenotrettungsmissionen ein.
> setzt sich gegenüber dem Bundesland und der Bundesregierung für die Schaffung rechtlicher und finanzieller Rahmenbedingungen ein, mit denen die Kommunen die Aufnahme von Menschen auf der Flucht über die Verteilungsquote hinaus tatsächlich selbstbestimmt realisieren können.
> sorgt für alle geflüchteten Menschen – unabhängig vom Fluchtweg – für ein langfristiges Ankommen. Um ein gutes und sicheres Leben in der Kommune zu gewährleisten, müssen alle notwendigen Ressourcen für eine menschenwürdige Versorgung, insbesondere in den Bereichen Wohnen, medizinische Versorgung und Bildung, und für die gesellschaftliche Teilhabe der Aufgenommenen zur Verfügung gestellt werden.
Daher empfiehlt die Verwaltung, dass sich die Stadt Soest zum „Sicheren Hafen“ erklärt, dabei aber die Aufnahme von aus Seenot geretteten Menschen zusätzlich zur Verteilungsquote zu diesem Zeitpunkt nicht als Ziel bzw. Forderung formuliert.