Die Gespensterdiskussion des CDU-Fraktionvorsitzenden Rolf Meiberg um die Zukunft der Allerheiligenkirmes führte in der gestrigen Ratssitzung in unnötiger Weise zu einer Eskalation in der Auseinandersetzung um die Begriffe „Klimanotstand“ und „höchste Priorität“. Rolf Meiberg fühlte sich berufen, allen Befürwortern der Anträge zum Klimanotstand zu unterstellen, das Leben in Soest auf Links drehen zu wollen. Diese Zuspitzung wurde von Teilen des Rates und auch den Bürger*innen auf den Zuschauerrängen in Ausdruck und Lautstärke als äußerst demagogisch empfunden. Meiberg argumentierte, die CDU-Fraktion würde die Bürger der Stadt vertreten, die eben nicht auf den Rängen sitzen, sie wären sozusagen die Vernünftigen, die der stillen Mehrheit in Soest eine Stimme geben würden. Diese rhetorische Meisterleistung hat die Stadt Soest in den vergangenen Tagen in die Schlagzeilen der Landespresse gebracht. Der Bürgermeister der Stadt Soest, Eckhardt Ruthemeyer, hat mit der Verwaltungsvorlage dem Rat eine Brücke bauen wollen, indem er das umstrittene Wort Klimanotstand gegen den richtigen englischen Begriff Climate Emergency austauschte. Aber die CDU hat gestern den Kommunalwahlkampf 2020 mit der Ankündigung eines Dialogs eröffnet, den sie mit den Bürgerinnen und Bürgern führen wollen. Der beginnt bekanntlich mit einem respektvollen Umgang, den der Fraktionsvorsitzende Rolf Meiberg gestern vermissen ließ.
Stellungnahme der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zur Diskussion um den Bürgerantrag von Anna-Maria Schuermann, in Soest den „Klimanotstand“ auszurufen
Dazu schreibt die Fraktionsvorsitzende Anne Richter:
Ein schwarzer Tag für Soest – eine historische Chance ist vertan!
Nach langem Ringen und zahlreichen Abstimmungen über verschiedene Anträge hätte es voraussichtlich eine klare Mehrheit im Rat für einen Kompromissantrag geben können! Die Vorlage der Verwaltung war gestern in einer eigens dafür unterbrochenen Ratssitzung und einer Beratung aller Fraktionsvorsitzenden mit dem Bürgermeister noch mit einer Änderung versehen worden, um allen Ratsmitgliedern die Möglichkeit der Zustimmung zu geben!
Doch dazu kam es nicht!
Eine knappe Mehrheit (2 Stimmen) aus CDU, FDP und BG erreicht, dass kein Klimanotstand in Soest ausgerufen wird. Eine knappe Mehrheit, die so gerade die Hälfte der Stimmen darstellt!
Hat diese Politikverbindung aus CDU, BG und FDP nicht wahrgenommen, dass Bürgerinitiativen auf die Straße gehen, dass sie eine Botschaft haben? Bürgerinnen und Bürger jeder Altersklasse demonstrieren seit Monaten für mehr Klimaschutz! Die Europawahlen haben gezeigt, die Klimakatastrophe bewegt die Menschen im gesamten Land.
Die Bundesregierung und die EU schaffen es nicht, sich auf eine konsequente Klimapolitik zu verständigen – und jetzt zeigt sich in Soest, dass das auf kommunaler Ebene auch nicht zu erreichen ist.
Spaltet das Thema Umwelt/Klima auch nach Jahrzehnten immer noch die Gesellschaft?
Nein sagen wir! Und wir werden zusammen mit den Bürgerinnen und Bürger gegen die dramatische Klimakrise auf die Straße gehen, denn alle haben verstanden, dass die Klimakrise nicht mehr geleugnet werden kann.
CDU, FDP und BG haben es verpasst, der Kompromissbereitschaft der Befürworter eines strengen Klimaschutzes die Hand zu reichen. Die CDU verweigerte sich in der Sitzungsunterbrechung einem möglichen Kompromiss gegenüber gänzlich – keine Gesprächsbereitschaft! Ist das Demonstration der Macht von Mehrheitsverhältnissen, die entstanden sind, weil einerseits ein SPD´ler die Seiten zur CDU wechselte und sein Mandat mitnahm und andererseits das Junge Soest nach dem Abschied von Herrn Hove unter das Dach der BG geschlüpft ist? Was ist von einem Dialogangebot der CDU zu halten, wenn sie gleichzeitig erklärt, dass der Klimaschutz mitnichten die höchste Priorität hat. Unter solchen Voraussetzungen kann ein Dialog nicht stattfinden, da werden die Bürgerinnen und Bürger nicht ernst genommen!
Wir Grünen haben für diese Verweigerungshaltung von CDU, BG und FDP kein Verständnis.
Ob die Bürger und Bürgerinnen dies verstehen? Sicher nicht!
Ob die Bürger und Bürgerinnen dies zukünftig honorieren – wir hoffen nicht!
Um eine Klimakatastrophe abzuwenden muss schnell gehandelt werde – überall – lokal und überregional. Wir leben auch in Soest nicht auf einer Insel. Und die Hitzephasen, die heftigen Stürme, die fehlenden Niederschläge und die Starkregenereignisse und der leere Möhnesee sprechen eine andere Sprache – wollen wir warten, bis sich nichts mehr ändern lässt??
Das Ergebnis der Abstimmung zum Klimanotstand veranlasste die grüne Fraktion aus Protest gegen diese Entscheidung den Ratssaal zu verlassen, um zu demonstrieren, wie wichtig uns der Klimaschutz ist. Wir solidarisieren uns mit den Bürgerinitiativen, mit Fridays for future, parents for future, scientists for future usw. Auch wir sind Teil dieser Bewegung. Dafür wollten wir ein Zeichen setzen.
Zudem waren wir nach den zahlreichen Gesprächen der vergangenen Tage und nach dem stetigen Werben für eine klare unterstützende Mehrheit im Rat, das uns viel abgefordert hat, auch mit einem Schuss Enttäuschung und Frustration versehen.
Aus Grüner Sicht ist es wichtig:
Der Klimanotstand ist noch lange nicht von der Tagesordnung.
Die Bürgerinitiative wird nicht aufhören – und wir auch nicht!
Mit freundlichen Grüßen
Anne Richter Jutta Maybaum
Fraktionsvorsitzende Karin Liedmann
Susanne Dankwart
als Mitglieder der Ratsfraktion