Sekundarschule: Grüne sprechen Stadt Neutralität ab
Fraktionschef Liedmann fühlt sich von Beigeordneten Wapelhorst schlecht beraten – Der kontert: Wir als Stadt können keinen Landes-Erlass ändern
SOEST – Der Streit um den Aufbau einer Sekundarschule in Soest gewinnt weiter an Schärfe. In einem Brief an die Rathausspitze beklagen die Grünen, der Stadtverwaltung mangele es an nötigem Vertrauen und Neutralität. Beigeordneter Peter Wapelhorst weist solche Vorwürfe zurück: Die Verwaltung habe nicht vor, sich in den Schulstreit unter den Parteien einzumischen.
Die Auseinandersetzungen kommen zur Unzeit. Denn in dieser Woche laufen noch die Elternbefragungen in den Klassen 2 und 3 aller Soester Grundschulen. Dabei soll festgestellt werden, wieviel Interesse die Mütter und Väter an den einzelnen weiterführenden Schulen haben: an Haupt- und Realschulen, an Gymnasien, an der Gesamtschule und eben auch an einer neuen Sekundarschule. Die Grünen vertreten die Ansicht, auch die Eltern der Kinder an Förderschulen hätten befragt werden müssen. Schließlich sei es erklärtes Ziel der Schulpolitiker, auf Inklusion zu setzen, also auf mehr gemeinsamen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern. Um die Fragebogenaktion auf diese Kinder auszudehnen, wollten die Grünen ursprünglich einen Dringlichkeitsantrag im Hauptausschuss in der vergangenen Woche stellen.Kurz vor der Sitzung aber zog Fraktionschef Werner Liedmann den Antrag überraschend zurück. Begründung: Rathaus-Beigeordneter Peter Wapelhorst hatte ihm mitgeteilt, die Schulgesetze sehen eine Befragung an Förderschulen nicht vor. Die Auskunft habe er (Wapelhorst) sich am selben Tag telefonisch bei der Bezirksregierung in Arnsberg besorgt.
Grüne erinnern an UN-Konvention
Die Grünen haben nun selber den Erlass geprüft und kommen zum gegenteiligen Schluss. Wapelhorsts Hinweis beziehe sich auf einen Uralt-Erlass aus 1997, als es noch gar keine Sekundarschule gab. Im übrigen müssten die Schulgesetze längst um das Thema Inklusion angepasst werden, verlangt Liedmann.
„Wir haben als Fraktion erhebliches Vertrauen in Verwaltungshandeln verloren“, heißt es in dem Brief Liedmanns an Bürgermeister Ruthemeyer und Beigeordneten Wapelhorst. Und: „Die Verpflichtung zur Neutralität in der politischen Auseinandersetzung ist Ihnen verloren gegangen.“ Noch schwerer aber wiege der „erkennbare Unwille“, die UN-Behindertenrechtskonvention in Soest umsetzen zu wollen“, beklagt sich Liedmann.
Auch wenn der Erlass alt ist– er gilt bis heute, hält Beigeordneter Wapelhorst dagegen. „Wir als Stadt können doch nicht dahergehen und einen Erlass des Landes in Frage stellen.“ Im Rathaus gehe man streng nach den Buchstaben des Gesetzes vor. „Es gibt keine Vorgehensweise, die eine Sekundarschule behindert oder bevorzugt“, sagte der Beigenordnete. Im Übrigen werde das Schulministerium in Düsseldorf von einer Grünen geleitet.
Liedmann liege zwar richtig, dass an vielen Stellen und intensiv über Inklusion nachgedacht werde. Doch das Land „muss erst einmal die Voraussetzungen schaffen“, bevor Soest den Hebel ansetzen kann. Letztlich gehe es um die pädagogische Förderung behinderter Kinder in Regelschulen und die „große Schwierigkeit“, qualifiziertes pädagogisches Personal für diese Aufgabe zu finden.
Die Vorwürfe Liedmanns, die Stadt sei in der Schulpolitik parteiisch und unwillig, die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen, seien deshalb haltlos, sagte Wapelhorst. Er verzichte, darauf näher einzugehen.
(Kommentar aus dem Soester Anzeiger von Holger Strumann)